Hundert Jahre Seebad Swinemünde.(Von unserem Korrespondenten.)

Quelle: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen-Ausgabe, Dienstag, 22.07.1924

Jahrhundertfeier Swinemünde 1924 aus Illustrierte Zeitung 1924

Swinemünde, 21. Juli. Swinemünde feierte die erste Wiederkehr des Tages, an dem zum erstenmal an seinem Strand ein Badedirektor das Szepter schwang. Der Jubiläumstag war zugleich der erste in dieser Saison, der aus allen Teilen des Reiches Gäste in größerer Zahl herbeigelockt hatte. Im Gegensatz zum Vorjahre, in dem neben dem Inland, das sehr stark vertreten war, die Ausländer eine bedeutende Rolle spielten, ist Swinemünde in diesem Jahre, ebenso wie die übrigen Ostsee-bäder, recht still.

Die offizielle Feier begann mit einer Festsitzung des Magistrats, in der der kommissarische Bürgermeister der Stadt,  Regierungsrat Boediker , einen kurzen Ueberblick über die Geschichte des Seebades gab. Die eigentliche Veranlassung zu seiner Gründung war der Aufschwung von Stettin als Handelshafen, der Swinemünde die Leistung erschwerte. Erst einige Zeit nach der Eröffnung des Bades wurde mit der Errichtung des „Gesellschaftshauses” begonnen, des nachmaligen Kurhauses. Die Bademethoden waren damals recht primitive: man konnte sich, wenn man seescheu war, am Strand zwei Kübel Ostseewasser über den den Kopf gießen lassen und hatte dafür zwei Groschen zu zahlen. Erst von 1888 ab entstanden die Strandanlagen in der Gestalt, die sie heute aufweisen. Der Verkehr des Seebades wurde anfangs durch Polizeimaßnahmen gehemmt, entwickelte sich aber nach der Bebauung des Strandes so schnell, daß sich in der Vorkriegszeit jährlich Zehntausende von Gästen einfanden. Selbstverständlich hat Swinemünde in den Kriegsjahren schwer gelitten und ist seither noch nicht wieder auf die alte Höhe gelangt.

Den Höhepunkt der Jahrhundertfeier bildete ein historischer Festzug, der bunte Bilder aus den hundert Jahren brachte, in denen Swinemünde geworden ist: die Bürgerwehr des Kommerzienrats Krause vor hundert Jahren, uralte, primitive Badekarren und fast vorsintflutliche Verkehrsmittel, alle Radfahrer- und Anglerklubs in Galatracht und ein Aufgebot von Blumenwagen. Einem Empfang, den Swinemünde den anwesenden Pressevertretern gab, wohnte der Außenminister Dr. Stresemann bei. Bei Einbruch der Dunkelheit flammten in Fenstern und an Hausfronten, aus den Türmen der Standhotels und auf Boten, die draußen in der Ostsee lagen, Tausende von Lichtern auf, und Feuerwerk goß Tageshelle über den Strand.

 

 

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